Robert Enkes Vermächtnis

Der Suizid des deutschen Fussball-Nationaltorhüters Robert Enke schlägt hohe Wellen. Die vorherrschende aller offenen Fragen betrifft die Depression und andere seelische Probleme bei Fussballern. Die Swiss Association of Football Players zeigt sich differenziert.

Von Perikles Monioudis
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Vor dem Stadion in Hannover trauern Fans um Robert Enke. (Bild: Reuters)

Vor dem Stadion in Hannover trauern Fans um Robert Enke. (Bild: Reuters)

Wie geht man mit psychischen Störungen um? Vorausgesetzt, dass man sich als Betroffener seiner Krankheit bewusst wird, kann man professionelle Hilfe beanspruchen. Das gilt auch für Leistungssportler. Doch: Die imaginierten oder tatsächlichen Folgen des Outings als Depressiver etwa können zum Beispiel bei Fussballprofessionals weit schwerwiegender sein als bei Personen, die nicht im hellen Licht der Öffentlichkeit stehen.

Keine Hilfegesuche

Lucien W. Valloni, Präsident der in Zürich domizilierten Swiss Association of Football Players (SAFP), sieht in der Scheu der Fussballprofis, in der Öffentlichkeit mögliche Abstriche an ihrer Leistungsfähigkeit eingestehen zu müssen, den Grund für eine defensive Haltung möglicher Betroffener. Denn an die Schweizer Interessenvertretung der Spieler sei noch kein solcher mit der Bitte um psychologische Hilfe gelangt.

«Meistens brauchen die Spieler Beratung in juristischen Angelegenheiten oder Hilfe in vertrackten Situationen im Klub, etwa im Bereich des Mobbing», sagt Valloni auf Anfrage von NZZ Online. Da schwierige Momente im Beruf allerdings auch psychische Folgen für den Betroffenen zeitigen können, sei es sehr schwer zu sagen, ob die Spieler der SAFP in Wahrheit nicht auch ihre psychischen Schwierigkeiten klagen. «Konkret zu einem psychischen Problem hat aber noch kein Mitglied bei uns um Hilfe angefragt», so Valloni weiter.

Ein Psychologe je Klub

Die deutsche Gewerkschaft der Fussballprofis (VDV) plädiert dafür, dass die professionellen Klubs je einen Berufspsychologen einstellen. Der Bundesligist VfL Bochum beschäftigt bereits einen Diplom-Psychologen, der auch Sportpsychologe und Psychologischer Psychotherapeut ist. Von «fragwürdig qualifizierten Mentalgurus und Motivationstrainern» hält der VDV allerdings nichts.

Die SAFP ist bei dieser Forderung vorsichtig. «Jede psychologische Betreuung muss strikt professionell und individuell sein. Kollektivsitzungen sind untauglich», sagt Valloni. «Ich setze aber trotzdem ein Fragezeichen hinter die psychologische Betreuung von Spielern im Klub. Denn eine Gewähr, dass Betroffenen so geholfen werden kann, gibt es nicht. Selbst die Bemühungen um Robert Enke, der in professioneller Behandlung ausserhalb des Klubs war, führten nicht zum Erfolg.»

Enttabuisierung tut Not

Lucien W. Valloni ist eine Unterscheidung umso wichtiger: «Eine Krankheit ist keine Schwäche.»

Wenn die Professionals keine Angst mehr haben müssten, im Krankheitsfall sogenannt Schwäche zu zeigen, wäre schon viel gewonnen. «Schwäche» werde bis jetzt von den Gegenspielern gezielt genutzt und in den Medien breitgetreten. Das Tabu der psychischen Krankheit müsse fallen. Das könnte Robert Enkes Vermächtnis sein.

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